Ich bin kein Freund von
Massenveranstaltungen (außer Demos :) und ich finde Fußball
super-langweilig. Das Thema WM oder EM (oder wie auch immer das
heißt, was wir grade haben :) ist in meinen Augen trotzdem spannend,
weil es die Frage aufwirft: Darf man für sein Land jubeln und das
auch noch als Deutscher?
Deutschland ist für mich
erstmal einfach nur ein Ort, so etwas wie Hamburg. Wenn jemand diesen
Ort gut findet, ist das für mich erstmal okay. Wenn sich jemand mit
diesem Ort verbunden fühlt, auch. Manche kaufen sich einen
Hamburg-Kaffeebecher, manche vielleicht auch einen
Deutschland-Kaffeebecher – wo ist der Unterschied? Ich besitze zwar
keine Deutschland-Fahne, aber eine Tibet-Fahne – wo ist der
Unterschied?
Ich halte mich für keinen
besonders heimatverbundenen Menschen (ich bin in der Welt zu Hause :)
Ich hatte aber mal an einem spanischen Flughafen ein Aha-Erlebnis:
Dort stand „Hamburgo“ und ich habe mich darüber gefreut.
Hamburg, das klang so vertraut. Und obwohl es Tausend Dinge in
Hamburg gibt, die ich scheiße finde, gibt es eben auch vieles, was
ich dort toll finde.
Stolz auf das eigene Land?
Geht so. Aber als Merkel die Energiewende ausgerufen hat, dachte ich:
sehr gut, damit kann ich mich identifizieren (mit den
Wasserkraftwerken, die Fische töten, allerdings weniger).
An Deutschland finde ich
vieles richtig scheiße und vieles richtig gut. Ich finde Japan toll
und trotzdem gibt es viele Dinge, die ich an Japan nicht gut finde.
Die Frage ist doch: Wenn
wir ein Land gut finden, schauen wir dann gleichzeitig auf ein
anderes herab? Meine Erfahrung ist: Je mehr ich von einem anderen
Land kennenlerne, desto mehr kann ich daran gut finden.
Ich finde es cool, dass
hier Ludwig van Beethoven gelebt hat, aber ich höre auch gerne Erik
Satie.
Weltmeisterschaften kann
man – wie alle Wettkämpfe – natürlich erstmal in Frage stellen.
Konkurrenz ist ja oft so scheiße. In unserer Leistungsgesellschaft
werden Menschen nicht selten übel gegeneinander ausgespielt. Warum
dieses Gegeneinander? Sehr fragwürdig. Im Sport finde ich es aber
okay: Man übt etwas und misst sich mit jemandem und gibt sich
anschließend die Hand oder verbeugt sich. Ich kenne das aus den
Kampfkünsten und wenn ich merke, ich trainiere mit einem starken
„Gegner“, bin ich motiviert, besser zu werden und das kommt doch
uns beiden zugute.
Und bei der WM von Anfang
an für Deutschland jubeln, obwohl man noch gar nicht weiß, wie gut
die deutsche Mannschaft diesmal spielt? Bei einem Sportereignis haben
Leute meistens ein Lieblingsteam oder einen Lieblingssportler, dem
sie zujubeln wollen – schon bevor das Spiel oder der Kampf beginnt.
Deswegen kann man doch trotzdem auch die Leistung des „Gegners“
anerkennen.
Wenn jemand sagt, „Ich
liebe Deutschland“, habe ich damit erstmal kein Problem. Man müsste
sich dann halt noch nach den Gründen erkundigen. Wenn dann kommt
„Weil wir alle so geile Germanen sind und die anderen nicht“,
wird’s natürlich schwierig.
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